Freitag, 9. September 2011

"Gedisst" in Schwedten

Mitte/Ende der 80er Jahre schlugen in der DDR die Wellen hoch, nach dem die Äußerung einer bedeutenden Persönlichkeit durchgesickert war - ich glaube es war Sacharow -, dass in Schweden der bessere Sozialsmus herrsche. Diskutiert wurde sogar bis in die Parteigruppen hinab, ganz einfach, weil die Sache wirklich nicht so einfach von der Hand zu weisen war. Staatskonzerne und staatliche Fürsorge prägten auch in der DDR das Schweden-Bild dieser Zeit.
Wo standen die beiden Staaten gestern, wo stehen sie heute? Vor kurzem sind zwei Jugendbücher erschienen, die diesen Vergleich verblüffend aktuell machen.


Mik steht auf einem Busbahnhof irgendwo ganz weit im Norden von Schweden und es ist kalt - verdammt kalt. Gestern hat das Stockholmer Jugendamt den Zwölfjährigen in einen Überlandbus gesetzt, weil es zu Hause nicht mehr weiter ging. Der Alte immer voll, die Mutter weiß der Himmel wo, nur sein älterer Bruder hat ihn mit Essen versorgt und die wichtigsten Rechnungen bezahlt. Doch der sitzt nun.
Was Mika nicht weiss ist, dass er an einem Scheideweg steht, in seinem Leben. Die Tante, die er gleich kennen lernen wird, ist wie aus einer anderen Welt. The-Lindgren-World oder was auch immer wir für "Schweden" halten. Holzhaus. Milch mit Zimtwecken. Schnee. Ein Mädchen. Doch die Idylle ist nur von kurzer Zeit, dann muss er in eine Pflegefamilie - und die ist die Hölle.
Mika muss rennen, muss laufen, muss schwimmen - "Ihr kriegt mich nicht!" von Mikael Engström, Hanser-Verlag.

Ähnlich geht es Alex. Er wohnt in Schwedt. In der "Platte". Auch er hat keine Mutter mehr, nur seinen Vater - und der ist immer öfter blau. Es gibt auch eine ältere Schwester, aber die wohnt jetzt mit so einem komischen Typen zusammen. Tagsüber hängt er mit den Kumpels auf einer Bank zwischen den Häusern herum. Doch als eine ältere Frau halb erschlagen aufgefunden wird und an den Folgen stirbt, wird alles noch viel schlimmer. Denn Alex wurde zuletzt bei ihr gesehen.
Auf der Bank ist für ihn kein Platz mehr, die Familie wird von den Nachbarn geächtet, die Medien schütten kübelweise Schmutz über sie aus, für die Polizei steht alles bereits fest und Alex wird von den "White Boyz" gejagt, die "ihr" Viertel "sauber" halten wollen.
Auch Alex muss kämpfen. Doch Debbie hilft ihm dabei. Mik wird "Gedisst", von Daniel Höra, Bloomsbury-Verlag.

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